Dialog über „Gott und das Leben“

Im Rahmen vom Glaubenshack 2020 entstand die Idee #agileKirche. Dabei ging es um die Entwicklung von flexiblen („agilen“) kirchlichen Angeboten. Beim Barcamp #getblank wurde das Thema im Mai 2020 aufgegriffen, um einen Praxisentwurf, der auch im Kleinen umsetzbar ist, zu erarbeiten.

Herausgekommen ist dabei „Gott und das Leben„.
Kontextbezogen gibt es hierzu zwei Anwendungsbeispiele (unter anderen Bezeichnungen):

Dabei wurden bereits bestehende „vor Ort“-Angebote in ein digitales Format umgesetzt, um auf die Entwicklungen in Zusammenhang mit COVID-19 zu reagieren.

Angestrebt wird nun ein offener Austausch unter dem Titel „Gott und das Leben“ ohne dabei eine bestimmte Gruppierung/Ausrichtung zu vertreten. Darüber hinaus kann die Gründung weiterer Angebote (mit oder ohne spezifischem Kontext) z. B. durch entsprechende Beratung oder Erfahrungsaustausch unterstützt werden.

Kurzes Erklärvideo: Gott und das Leben

Worum geht es?

Viele kirchliche Angebote (vor Ort oder online) bieten wenig direkte Interaktion mit den TeilnehmerInnen. Es gibt ansonsten meist fest etablierte Gruppen, die teilweise nach außen geschlossen sind und/oder eine regelmäßige Teilnahme erfordern. Dies erschwert insbesondere kirchenfernen Menschen den Zugang und lässt sich oft nicht mit den Anforderungen eines schnell wechselnden Alltagsgeschehens übereinbringen.

„Gott und das Leben“ soll Menschen miteinander ins Gespräch bringen über lokale und/oder konfessionelle Grenzen hinweg. Dies kann thematisch und zeitlich flexibel gestaltet werden.

Moderatoren übernehmen die Leitung der Veranstaltungen und sorgen für eine ausgeglichene und faire Gesprächsatmosphäre. Eine geeignete Plattform sind Video-Konferenzen via Zoom. Über Social-Media-Kanäle wie Gott und das Leben können die Termine kommuniziert werden.

Welche Zielgruppe soll erreicht werden?

Im Prinzip sind hier keine Grenzen gesetzt. Wünschenswert ist, dass auch kirchenferne bzw. kirchendistanzierte Menschen erreicht werden können. Ansonsten kann die Zielgruppe lokal oder überregional abgesteckt werden. Der Austausch unter Christen verschiedener Konfessionen sowie mit nicht- oder andersgläubigen Menschen soll ermöglicht werden. Hieraus ergeben sich Chancen, um entsprechende Milieus (siehe Prof. Dr. Heinzpeter Hempelmann „Kirche im Milieu“) zu erreichen.

Grenzen zwischen „digital“ und „vor Ort“(?)

Die Übergänge zwischen herkömmlichen Angeboten „vor Ort“ und dem „digitalen Raum“ sind mittlerweile fließend. Der Begriff „analog“ trifft zumindest nicht ganz auf klassische Formate zu. Inzwischen hat fast jeder Mensch ein mobiles Endgerät mit Online-Zugang bei sich. Man kann also gleichzeitig „vor Ort“ und „online“ sein. Die Kombination von Veranstaltungen, die „vor Ort“ stattfinden und parallel online z. B. gestreamt werden, kann als „hybrid“ bezeichnet werden.

„Gott und das Leben“ kennt entsprechende Grenzen nicht. Die verschiedensten Kombinationen können gerne ausprobiert werden.

Regeln

Für die jeweiligen Veranstaltungen kann ein Verhaltenskodex vereinbart werden. Dieser sollte nicht zu komplex sein. Wichtig ist, dass die Moderatoren im Blick haben, ob jemand gesteckte Grenzen überschreitet und dann geeignete Maßnahmen ergreifen.

Mögliche Veranstaltungsstruktur

Ob „digital“ oder „vor Ort“ können die Veranstaltungen etwa folgende Struktur haben:

1. Vorstellungsrunde

Zu Beginn einer Veranstaltung kann es eine kleine Vorstellungsrunde geben. Vorab sollten ggf. technische und organisatorische Fragen geklärt werden, so dass die TeilnehmerInnen einen roten Faden haben und ungefähr wissen, was sie erwartet und wie lange die Veranstaltung dauert.

Eine Vorstellungsrunde sollte knapp gehalten werden und kann sich an einer Muster-Struktur orientieren (z. B. Name, Herkunftsort und drei Hashtags).

2. Themenfindung

Aus der Erfahrung eines wöchentlichen offenen Gesprächsangebots über drei Jahre hinweg in einer städtischen Gemeinde kann abgeleitet werden, dass sich genügend Themen aus dem Kreis der jeweiligen TeilnehmerInnen generieren lassen. Zum Start eines neuen Gesprächsangebots ist es natürlich gut, wenn die Modertoren sich ausreichend vorbereiten (z. B. durch einen geistlichen Impuls oder durch einen thematischen Leitfaden). Sobald die jeweilige Gruppe aus TeilnehmerInnen besteht, die hin und wieder dabei waren, steigert sich die Offenheit zum Einbringen von Themen aus der Gruppe heraus. Möglich ist es auch, ein Bild oder einen (Bibel-)Text als Inspiration einfließen zu lassen. Das kann bereits genügend Assoziationen bei den TeilnehmerInnen hervorrufen, die eine Veranstaltung füllen.

Es gilt hier, offen zum Ausprobieren/Experimentieren zu sein. Jede Gruppe (zum jeweiligen Termin) ist etwas anders. Ich vergleiche das gerne auch mit einem „Improvisationstheater“, wo die Akteure unvorbereitet auf eine sich spontan ergebende Situation eingehen.

Möglich ist aber auch die Vorgabe eines Themas z. B. durch Einladung eines Impulsgebers oder Interviewpartners.

3. Abschluss/Zusammenfassung

Wichtig ist, dass die Moderatoren die Zeit im Blick haben und die Gespräche nicht den vereinbarten Rahmen sprengen. Mögliche Anschlusstermine der TeilnehmerInnen sollten ermöglicht werden – ohne, dass jemand aus Höflichkeit zum Bleiben „gedrängt“ wird.

Die Moderatoren sollten einen roten Faden im Austausch erkennen können und ggf. einlenken bzw. das Gespräch steuern. Wer etwas zu sagen hat, sollte zu Wort kommen können aber auch nicht zu lange.

Eine Zusammenfassung der Themenstränge kann zwischendrin oder zum Schluss hilfreich sein, um den TeilnehmerInnen ausreichend Orientierung zu geben. Hier sollten die Moderatoren möglichst auf eine Interpretation und Wertung verzichten – sofern keine offensichtlichen Falschinformationen oder dergleichen verbreitet werden.

5. Gebet

Das Gebet kann z. B. ein umrahmendes Element zur Einleitung oder zum Abschluss sein. Auch ein freies oder liturgisch strukturiertes Beten miteinander ist denkbar. Hier braucht es Fingerspitzengefühl. Bei einer religions- oder konfessionsübergreifenden Veranstaltung gibt es an dieser Stelle ggf. einiges zu beachten. Zum Beten eignen sich ggf. auch sogenannte Breakout-Sessions (bei Zoom) oder die Aufteilung in Zweierschaften oder Gruppen vor Ort.

Chancen

  • Es könnte ein Netzwerk zu ähnlichen Angeboten entstehen, so dass es täglich eine bunte Auswahl verschiedener Gesprächsmöglichkeiten zu unterschiedlichen Zeiten gibt.
  • Menschen können Ihre Fragen einbringen oder etwas loswerden, was ihnen unter den Nägeln brennt.
  • Das Angebot kann dafür sorgen, dass wir unsere eigene „Filterblase“ mal verlassen und Kontakt zu Menschen mit einem anderen Hintergrund bekommen, um unseren persönlichen Horizont zu erweitern.
  • Bislang ggf. unentdeckte Talente können eingesetzt werden. Das Angebot muss nicht durch Hauptamtliche abgedeckt werden.
  • Wir können lernen, mehr zuzuhören statt selbst Impulse zu setzen.
  • Die lokale Stadtteilarbeit kann sinnvoll ergänzt werden.
  • Bisher unerreichte Zielgruppen bzw. Milieus können erreicht werden.

Risiken

  • Es kann passieren, dass Teilnehmer das Angebot „stören“ wollen. Hierzu müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden (z. B. Benutzer sperren).
  • Zu persönliche Themen/Probleme sollten nicht öffentlich diskutiert werden. Die Moderatoren sind angehalten dies rechtzeitig erkennen, um die TeilnehmerInnen zu schützen und ggf. auf einen anderen möglichen Rahmen verweisen.
  • Persönliche Rechte an Bild und Ton könnten verletzt werden, wenn das Material öffentlich zugänglich wird. Die Moderatoren sollten vorab klären, worauf zu achten ist.
  • Sollte eine Gruppe (in Bezug auf die jeweilige Veranstaltung) keine ausreichenden Themen hervorbringen, wäre es gut ein thematisches Backup für Impulse in der Hinterhand zu haben.

Welche Herausforderungen sind zu bewältigen?

Die größte Herausforderung ist es, eine geeignete Community zu finden, wo die Idee ausprobiert und weiterentwickelt werden kann. Es genügt nicht, eine Facebookseite oder Webseite zu veröffentlichen. An einer bestimmten Gemeinde aufgehängt, könnte der flexible/unverbindliche Charakter der Idee verloren gehen. Es hätte allerdings den Vorteil, dass die Chance zur Aktivierung einer bestehenden Community als Teil einer etablierten Gemeinde gegeben ist.

Weiterhin braucht es ein Team von Moderatoren, die sich gegenseitig ergänzen und vertreten können. Diese sollten möglichst etwas Erfahrung in der Moderation mit einbringen können und ggf. über theologisches Wissen verfügen.

Wie geht es nach dem Lockdown weiter?

Zunächst wird uns das Thema Corona wahrscheinlich noch etwas länger begleiten. Somit macht es Sinn, digitale Formate weiter anzubieten. Außerdem sind bereits viele Menschen auf den Geschmack gekommen und möchten digitale Formate als flexible Ergänzung zu Angeboten vor Ort weiterhin in Anspruch nehmen. Berührungsängste mit der Technik wurden im Lockdown abgebaut, so dass z. B. auch ältere Menschen, die sonst eher wenig online aktiv waren, diese Möglichkeiten nutzen.

Möglich ist „Gott und das Leben“ auch als Veranstaltung vor Ort. Bestmöglich ist hierzu ein möglichst öffentlicher/neutraler Ort zu finden. In meinem Stadtteil „Frohnhausen“ von Essen gibt es z. B. ein Stadtteilbüro oder es gibt das Unperfekthaus, wo es zentral gelegene und flexibel buchbare Räume gibt. Möglich sind natürlich auch kirchliche Räumlichkeiten. Dort ist allerdings die Versuchung groß, Menschen für eine bestimmte Gemeinde zu gewinnen, was wiederum manch potenziellen Gast abschrecken könnte.

Ich gehe davon aus, dass sich beide Varianten („digital“ und „vor Ort“) weiterhin durchsetzen werden. Alternativ kann es aber auch hybride Veranstaltungen geben, die vor Ort stattfinden und parallel online verfolgt werden können.

Wo wird Unterstützung benötigt?

  • Kommunikation der Idee (über offizielle Kanäle)
  • Hilfe beim Aufbau einer Community
  • Mitarbeit (z. B. in der Moderation oder als InputgeberIn)
  • Finanzierung der Kosten (z. B. Zoom-Kanal, eine erweiterte Webseite, Marketing)

Ideengeber/Teamleiter: Johannes Pieper

Webseite zur Idee: http://www.gottunddasleben.de

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